Modernisierung alter Röhrenvoltmeter

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Modernisierung alter Röhrenvoltmeter

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Die Modernisierung alter Röhrenvoltmeter ist eine Möglichkeit, den alten Look zu erhalten und gleichzeitig moderne Messtechnik zu verwenden.

In der Funkschau 21/1982 wurde ein solcher Umbau beschrieben.

Im Folgenden wird der komplette Text wiedergegeben. Hinzu kommen eigene Erläuterungen.


Aus alt mach neu #

Modernisierung alter Röhrenvoltmeter #

Einst gehörten Röhrenvoltmeter (RVM) zur Standardausrüstung, heute sind sie durch Digitalvoltmter (DVM) abgelöst worden. Die Vorteile der DVM sind unbestreitbar: Hohe Genauigkeit und eindeutige Ablesung des Messwertes.

In einigen Fällen – vor allem in der Reparaturpraxis – kann das moderne DVM mit einem RVM und seiner analogen Anzeige nicht mithalten. Vor allem die nichtlinearen Widerstandsskala (links Null – rechts Unendlich) hat ihre Vorzüge. Beim Durchprüfen eines Kondensators kann man den Aufladevorgang am Zeiger bis zum Ende beobachten. Isolationsfehler von 1000 MΩ sind noch erkennbar. Das DVM zeigt dann Überlauf an, was gar nichts mehr aussagt. 

Wann digital, wann analog? #

Recht schwer tun sich DVM beim Durchprüfen von Halbleitern. Oft reicht deren Messspannung im Widerstandsbereich nicht an die Schwellenspannung heran [1]. Der absolute Widerstandswert ist auch uninteressant. Viel wichtiger ist die Aussage,  ob im Sperrbereich der Reststrom noch nicht zu groß und ob im Durchlassbereich die Schwellenspannung ihren Sollwert hat. Beim RVM kann man diese Werte an der Stellung des Zeigers abschätzen. 
Bei allen sich ändernden Messwerten (z. B. auf der Suche nach einem Wackelkontakt) sagt das Analoginstrument mehr aus (Mittelwertbildung) als die sich ändernden Zahlen der Digitalanzeige [2]. Aus diesen Gründen wurde in der Werkstatt des Verfassers das gute alte RVM wieder hervorgeholt und erhielt seinen Platz neben dem DVM. Die störenden Nachteile der RVM (lange Aufheizzeit, Unstabilität) wurden durch einen Umbau auf Halbleiterbestückung behoben. 
Die neue Schaltung mit modernen Bauelementen hat sich seit Jahren bestens bewährt. Das Gerät hat durch den Umbau deutlich an Genauigkeit und Stabilität gewonnen. Nullpunkteinsteller und Trimmer für den Widerstandsbereich konnten von der Frontplatte verschwinden. Nachstellen ist auch nach längerer Zeit unnötig. Das Gehäuse mit Messwerkzeug, beide Umschalter, die Messwiderstände und der Netztrafo werden weiterbenutzt. Die alte Platine, meist mit zwei Röhren, wird durch die in Bild 1 vorgeschlagene Platine ersetzt. Die Auslegung und Größe wurden sehr großzügig gehandhabt, da ja genügend Platz im vorhandenen Gehäuse zur Verfügung steht. Die Schaltung (Bild 2) muss wie das Original in ein Metallgehäuse eingebaut werden, weil sie gegen Brummeinstreuung empfindlich ist. Den Bestückungsplan für die Platine zeigt Bild 3. 

Das neue Innenleben #

Als Messverstärker dient IC1 (LF356). Dieser hat sehr hochohmige FET-Eingänge. Die Dioden D4 – D7 bleiben auch bei Gleichspannungsmessungen in Betrieb. Die Polarität braucht deshalb nicht mehr wie im Original umgeschaltet zu werden. Sie wird mit den LED LD1 und LD2 angezeigt. Bei Wechselspannung leuchten beide. Der Widerstand R1 wird wie im Original in der Tastspitze untergebracht [3]. Er ist in die Eichung einbezogen und soll eine kapazitive Belastung des Messobjektes vermeiden. Auf den Vorteil dieser Einrichtung muss man bei den heute üblichen DVM leider verzichten. Die angegebene Dimensionierung des Eingangsteilers gilt für Messwerke mit 1,5-5-Teilung [4]. Auf eine Frequenzkompensation des Eingangsteilers wurde verzichtet. Sie ist schwierig durchzuführen und für Netzfrequenz – diese wird ja in der Praxis fast ausschließlich gemessen – auch unnötig. Mit IC2 und T3 wird die Messspannung von 1,36 V für Widerstandsmessungen erzeugt. Im Original wurde hierzu eine Batterie [5] benutzt. D9 dient zum Schutz der Schaltung bei Fehlbedienung.  
Die Eichung

  • Gerät auf 1500 V Gleichspannung schalten und Eingang kurzschließen. Mit Pin 1 am Pin 6 des IC1 0 V (+/- 0,1 V) einstellen.
  • Gleichspannung einspeisen und mit P2 kalibrieren. Falls der Einstellbereich nicht ausreicht, muss R19 entsprechend geändert werden.
  • Gerät auf R x 1 schalten und bei offenem Rx-Eingang mit P3 auf die ♾-Marke der Widerstandsskala einstellen.

[1] Bei Halbleitern muss in Durchlassrichtung eine bestimmte Spannung erreicht sein, damit das Halbleiterbauelement tatsächlich leitend wird. Bsp. Si-Diode:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c4/Dioden-Kennlinie_1N4001_differentiell.svg

Gut zu erkennen ist, dass unterhalb von ca. 0,6 bis 0,7 V kein nennenswerter Strom fließt. 

[2] Der Zeiger ist träge, kann also den schnellen Änderungen der Eingangsgröße nicht unmittelbar folgen, so dass ein Mittelwert angezeigt wird. Digitale Anzeigen sind flink und würden hier viel zu schnell verschiedene Werte anzeigen, die der Nutzer gar nicht so schnell erfassen kann.

[3] Es empfiehlt sich, bspw. drei Widerstände 330 Ω in Reihe zu schalten, da dann an jedem der Widerstände nur ein Drittel der Spannung abfällt. Das bietet einen höheren Schutz. 

[4] 1,5 ist die Genauigkeitsklasse. Das bedeutet, dass die max. Abweichung des Messwertes 1,5 % das Skalenendwertes betragen darf. 

[5] Häufig werden auch sogenannte Monozellen als Batterie bezeichnet. Zum Einsatz kommen bei den RVM meist Monozellen vom Typ C (Babyzelle). Batterien sind streng genommen eine Kombination mehrere Zellen. Bekannte Beispiele sind der 9-V-Block oder die Flachbatterie. 

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